Ho Ho Laaer Genusslauf

Aus gleich zweierlei Gründen leider kein Ho Ho Ho: Die Weihnachtsfeiertage sind offiziell vorbei und der am Dreikönigstag durch zwei Langstreckenläufer des LC Wolkersdorf ausgetragene dritte inoffizielle Weinviertler Ultramarathon, der 50 Kilometer längs (oder doch quer?) durch den Bezirk Mistelbach führte, startete nicht mehr von einem mit der Buchstabenkombination H-o beginnenden Ort, sondern von Laa an der Thaya – richtig lautet es also Ho(llabrunn) Ho(henau) La(a).

Die Durchführungsweise dieser Läufe hat sich mittlerweile hervorragend eingespielt: Mit dem Zug geht es an den Startort, und von dort laufend schnurstracks zurück nach Wolkersdorf. Große lokalgeografische oder Navigationskenntnisse sind nicht vonnöten (wenngleich im Allgemeinen wünschenswert), die Route über teilweise kleinste Feld- und Waldwege wird vorab online festgelegt und per GPS-Uhr während des Laufes angezeigt. Im Falle des salbungsvoll auf Laaer Genusslauf getauften Unterfangens am 6. Jänner machte sich unser kleines, nur aus Stefan und Vinzent bestehendes Zweimannteam auf den Weg in den nördlichen Bezirk Mistelbach, um vom Laaer Bahnhof aus den Weg nach Wolkersdorf zu belaufen.

Herrliches Winterwetter mit Sonnenschein und Temperaturen um den Gefrierpunkt hob die Motivation beim imaginären Startschuss am späten Vormittag. Der Weg führte zunächst über flache, aber abschnittsweise recht gatschige Feldwege in Richtung Süden, um bei Fallbach und kurz danach, im Niemandsland zwischen Gaubitsch und Loosdorf, auf die ersten Erhebungen der Weinviertler Klippenzone zu stoßen – die Ausläufer der Leiser Berge. Bald hatten wir den Höhepunkt unserer Route im Blick: Den Buschberg, mit 491m die höchste Erhebung des Weinviertels, weithin erkennbar aufgrund der beiden Radaranlagen – das militärische Radar am Nachbargipfel, dem Steinmandl, und das unlängst stillgelegte zivile Radar der Austro Control am Hauptgipfel.

Der Weg dorthin sollte sich aber noch als hürdenreich erweisen, als im Waldabschnitt wenige Kilometer vor dem Buschberg ein Zaun quer über den Weg auftauchte. Bisher hat sich noch auf jedem unserer Weinviertler Longjogs herausgestellt, dass auf das Onlinekartenmaterial, das zur Routenplanung dient, nicht hundertprozentig Verlass ist, und dass das Aufziehen von Zäunen Hochkonjunktur hat, wie man im vergangenen Frühjahr auch im Hochleithenwald feststellen durfte. Das gebotene Überqueren des wackeligen, mit rostigen Stacheln bewehrten Zauns erforderte zwar unser koordinatives Geschick, fast noch unangenehmer war aber das weglose, wildschweinbeackerte Terrain, das die nächsten paar hundert Meter folgte, ehe wir wieder einen alten Waldweg fanden. Beim nächsten Zaun hatten wir schon Übung, und konnten dieses Hindernis rasch hinter uns lassen.

Heraus aus dem menschenleeren Wald machten sich Straßengeräusche bemerkbar, und plötzlich standen wir mitten im gut besuchten Ausflugsland des Buschbergs. Die letzten Meter hinauf zur Buschberghütte, der niedrigstgelegenen ÖAV-Hütte, waren nach den anstrengenden Kilometern zuvor nur noch eine Pflichtübung. Und nun, ziemlich genau nach Erreichen der Halbmarathonmarke, standen wir da: Am höchsten Punkt des Weinviertels, mit herrlichem, wenn auch leicht dunstigem Blick auf das weite Land, die vor uns liegenden knapp 30 Kilometer durch das Weinviertler Hügelland sich wie am Silbertablett präsentierend.

Den Abschwung vom Gipfel in Richtung Niederleis machten wir uns in einem Akt der Selbstgeißelung auch nicht einfach, schließlich wurde zuvor am Computer der steilstmögliche Weg hinunter ausgewählt – nachdem der freie Wille nur Illusion zu sein scheint, mussten wir der Anzeige auf unseren Uhren natürlich Gehorsam leisten. In der Anstrengung war dies dem Bergauflaufen nur wenig nachstehend, aber zumindest der Weg frei von Hindernissen. Die folgenden Kilometer, die übliche Distanz von Trainingsläufen zunehmend überschreitend, wurden allmählich richtig mühsam, zumal sich die Höhenmeter im ewigen Auf und Ab der Hügel weiter akkumulierten. Beim nächsten Ort, erreicht nach 29 Kilometern Gesamtdistanz, handelte es sich um Pürstendorf, was uns – möglicherweise überraschend – psychologische Linderung verschaffte. Nicht nur stand am dortigen Kinderspielplatz eine weitere Pause am Plan, auch war es ab diesem Ort nur mehr ein Halbmarathon nach Wolkersdorf.

Es folgten sechs wenig abwechslungsreiche Kilometer durch die Ackerödnis bis nach Oberkreuzstetten, der erste doch wieder deutlich vertrautere Ort in der Gegend. Hier sank zwar die Sonne unter den Horizont, ein kurz danach erfolgender, letzter Stopp mit massiver Kohlenhydrataufnahme bei noch zwölf verbleibenden Kilometern ließ die Motivation im Gegenzug wieder steigen.

Mit neuen Kräften meisterten wir den letzten größeren Anstieg der Strecke, als wir zwischen Hautzendorf und Hornsburg den Wald in Richtung Unterolberndorf durchliefen. Noch rechtzeitig vor Einbruch der Dunkelheit erreichten wir letzteren Ort, und waren nun endgültig auf bestens bekanntem Terrain unterwegs. Tranceartig, mit an mannigfaltigen, teilweise bislang unbekannten Körperpartien schmerzenden Muskeln, spulten wir die letzten Kilometer entlang des Rußbachs nach Wolkersdorf ab, wo wir um ca. 17 Uhr beim Schloss, dem inoffiziellen Vereinssitz, einliefen – nach 50,7 Kilometern und 850 Höhenmetern durch den nur vermeintlich flachen Bezirk Mistelbach.